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„Der Hauptverdächtige musste 2.115.000 Euro zurückzahlen“

Nach dem Studium der Buchhaltung und dem Militärdienst arbeitete Alain (51) im Bankwesen. Als er merkte, dass seine Karriere in einer Sackgasse steckte, war er bereit für eine neue Herausforderung. Diese fand er 2005 bei der Polizei. Seit 2017 arbeitet er dort für die CDGEFID, die Zentralstelle für die Bekämpfung der organisierten Wirtschafts- und Finanzkriminalität.

 

Groß angelegte Ermittlungen

„Wir ermitteln hauptsächlich in Fällen, die wir von der Staatsanwaltschaft erhalten“, beginnt er. „Wir führen alle möglichen, groß angelegten Ermittlungen in Wirtschafts-, Steuer- und Finanzstrafsachen durch. Dabei geht es vor allem um Karussellgeschäfte, Konkursmissbrauch und Missbrauch öffentlicher Gelder... Nicht etwa um den örtlichen Bäcker, der sich danebenbenommen hat, das ist Sache der örtlichen Kriminalpolizei.“

Ein Großteil der Arbeit findet im Büro statt, sagt Alain: „Wir analysieren zunächst alle möglichen Dokumente: Umsatzsteuererklärungen, Buchhaltung, E-Mail-Verkehr, Telefonate und so weiter. Wenn wir das gesammelt haben, beginnt die Arbeit vor Ort, einschließlich unangekündigter Hausdurchsuchungen und natürlich der Verhöre.“

 

Karussellgeschäfte

Eine der umfangreichsten Ermittlungen, an denen Alain mitwirkte, betraf ein groß angelegtes Karussellgeschäft. Ursprünglich schien es dort nicht mehr viel zu holen zu geben, gibt Alain zu: „Ein Großteil dieser Unternehmen war bereits in Konkurs gegangen, und die Leute, die dahinter steckten, waren oft Strohmänner. Wir standen eigentlich vor einer Ermittlung, die nichts mehr einbringen würde: Das Geld war schon seit Jahren weg und die Geschäftsführer auch.“

Bis die Staatsanwaltschaft irgendwann mitteilte, dass ein ähnlicher Betrug im flämischen Rand rund um Brüssel noch immer im Gange war. Nach gründlicher Ermittlungsarbeit konnte eine Verbindung zwischen den beiden Fällen hergestellt werden. Die internationale Zusammenarbeit führte schließlich zur Verhaftung des Hauptverdächtigen in Bulgarien. Nach seiner Auslieferung wurden er und mehrere Komplizen hier verurteilt. „Zusätzlich zu den Haftstrafen wurde jeder Angeklagte zu einer Geldstrafe von 24.000 Euro verurteilt, 250.000 Euro wurden eingezogen und darüber hinaus musste unser Hauptverdächtiger 2.115.000 Euro an Umsatzsteuer zurückzahlen“, blickt Alain zufrieden auf den Fall zurück.

 

Logisches Denkvermögen

Um einen komplexen Fall wie den oben genannten zu bearbeiten, bedarf es zweifelsohne besonderer Fähigkeiten... „Tatsächlich müssen die Bewerber vor allem eine gute Portion logischen Verstandes haben“, erklärt Alain. „Muss man ein Buchhaltungsdokument von A bis Z lesen oder erfassen können? Muss man die Jahresabschlüsse vollständig verstehen? Nein. Aber man muss einen gewissen analytischen Verstand haben, um Zusammenhänge herstellen zu können. Man muss auch bereit sein, sich weiterzubilden und Kurse zu besuchen, z. B. in Rechnungswesen oder Finanzanalyse. Manchmal handelt es sich dabei um sehr spezielle Kurse. Heute hatten wir zum Beispiel zufällig eine Schulung zum Thema Geldwäsche im Kunsthandel“.

 

Abwechslung und Freiheit

Zum Schluss wollen wir wissen, was Alain an seinem Job am meisten gefällt. „Die Abwechslung reizt mich sehr. Auch wenn es bei den Fällen immer wieder um beispielsweise Umsatzsteuer geht, ist jeder Fall dennoch anders, und das erfordert eine gewisse Anpassungsfähigkeit. Man hat auch die Möglichkeit, ab und an zu reisen, wobei man auch Zeit hat, etwas zu besichtigen oder ausländische Kollegen kennen zu lernen. Man hat auch viele Freiheiten, wie man seine Arbeit organisiert und den Fall angeht. Und - nicht unwichtig - es herrscht eine sehr kollegiale Atmosphäre hier in unserer eigenen Abteilung und mit den anderen Abteilungen, was die Arbeitszufriedenheit auf jeden Fall erhöht.“